Maurerkelle ade!

Mörtelpads revolutionieren das Mauerwerk zweier Mehrfamilienhäuser in Knittlingen

Der Mangel an qualifizierten Facharbeitern ist einer von vielen Gründen, warum Franken Maxit (Azendorf, Oberfranken) über anwenderfreundliche Möglichkeiten zur Verklebung von Mauersteinen nachgedacht hat. Handfeste bauphysikalische und wirtschaftliche Vorteile für Architekten und Bauunternehmer sind jedoch weitaus gewichtigere Argumente, sich vom Mörtelschlitten und der Maurerkelle zu verabschieden. So geschehen in Knittlingen, einer kleinen Gemeinde östlich von Karlsruhe. In knapp einem Jahr Bauzeit entstehen dort zwei Mehrfamilienhäuser, bei denen die Maurer die Kelle durch einen Wasserschlauch ersetzen. Hier wird deutlich, dass sich die sogenannten Mörtelpads von Maxit nicht nur für den klassischen Einfamilien- und Doppelhausbau, sondern auch für mehrgeschossige Gebäude eignen.

 

Verirren wird man sich kaum in die Jahnstraße. Sie ist ein wenig außerhalb des Stadtkerns von Knittlingen gelegen – in ruhiger Lage sozusagen – und eine jener Straßen wie wir sie fast überall finden können: Links und rechts gesäumt von einfachen, zweckdienlichen Einfamilienhäusern, gepflegte Zier- und Nutzgärten lockern ein wenig auf. Historische Architektur sucht man ebenso vergebens wie öffentliche Bauten oder Gastronomie. Ein reines Wohngebiet also. Dennoch entstehen hier derzeit zwei Mehrfamilienhäuser, über die zu berichten sich lohnt. Sie heben sich in der Gestaltung wohltuend vom umliegenden Einheitsstandard ab und die Baubeteiligten bedienen sich mit der Verwendung von Mörtelpads einer Technik, die die gängige Verlegepraxis von Mauerwerk in den nächsten Jahren grundlegend revolutionieren wird. Doch der Reihe nach.

Auf den Punkt gebracht

Platz für zwei mehrgeschossige Mehrfamilienhäuser bot das Grundstück. Der im Nachbarort Ölbronn lebende Architekt Gerd Bühler entwarf zwei klar konzeptionierte, leicht in die Länge gestreckte Gebäudekuben und setzte den beiden oberen Geschossen jeweils ein in Holzständerbau errichtetes Penthouse auf. Dies ist eine erfrischende Variante in dem sonst architektonisch eher ermüdenden Umfeld schier endlos aneinandergereihter Satteldächer. Die Grundrisse sind klar gegliedert: zwei Wohnungen pro Etage, von Nord nach Süd durchgesteckt, erschlossen von einem mittig liegenden, großzügigen Treppenhaus. Der Lift befindet sich in der Mitte, zwei um diesen herumgeführte Treppenläufe mit Querpodest erschließen die Etagen fußläufig. 

Einen Hauch von Luxus bieten die Entrées der beiden Penthäuser, denn beide werden direkt über den Lift angedient – die Treppe ist hier eher der Nebeneingang bzw. das Pflichtprogramm für Fitnessbewusste. Erdgeschoss und erstes Obergeschoss beherbergen zwei nach Süden orientierte, großzügige Mietwohnungen mit Terrasse bzw. Balkon. Die Penthäuser bieten dasselbe Programm – alles jedoch ein wenig großzügiger. Vom langgestreckten Wohnzimmer und der Dachterrasse aus genießt man hier einen ungestörten Blick über Knittlingen und das Naherholungsgebiet Stromberg. Kochen und Wohnen sind in allen Wohnungen offen gestaltet. Die Wohnungen im Erdgeschoss sind zudem barrierefrei ausgebaut.

Der Ziegel als energetischer Grundbaustein

Zwei Untergeschosse plus ein aufgesetztes Penthaus in leichtgewichtiger Holzbauweise sind prädestiniert für den Ziegelbau. Die entsprechenden Mauerziegel stammen aus dem Ziegelwerk Schmid, das nur rund 30 Kilometer entfernt in Bönnigheim beheimatet ist. Als Mitglied der Unipor-Gruppe bietet der Ziegelhersteller ein breitgefächertes Produktprogramm hinsichtlich der Statik sowie des Schall- und Wärmeschutzes. Auch der Bauherr, die Pronath Immobilien GbR, war schnell von der langfristig wirtschaftlichen, monolithischen Bauweise mit Mauerziegeln überzeugt. Die 36,5 cm dicke Außenwand erreicht dank des Wärmedämmziegels „Unipor W08 Coriso“, einem Kalkinnenputz in 15 mm Stärke sowie 20 mm Leichtputz außen mühelos einen U-Wert von 0,21 W/m2K. Zusammen mit dem U-Wert von 0,17 W/m2K des aufgesetzten Holzständerwerkes sind hiermit die wesentlichen Grundvoraussetzungen für das Erreichen des Niedrigenergieförderstandards KfW 70 erfüllt. 

 

Unterstützt wird die energetische Bilanz durch die energieeffiziente, kompakte Bauform der Gebäude. Bei den Innenwänden wurden die Möglichkeiten des „Systembaukastens“ von Unipor voll ausgeschöpft: Die Trennwände der Untergeschosse sind aus HLZ-Planziegeln in 11,5 und 24 cm Breite gesetzt, die erhöhten Schallschutzanforderungen an die Wohnungs- und z.B. Lifttrennwände erfüllen mit Beton verfüllten Ziegel-Schalsteine.

Die Fuge als energetische Aufgabenstellung

Im Laufe der letzten Jahre wurden Mauersteine Schritt für Schritt an die erhöhten Energievorgaben angepasst und verbessert: durch die Zusammensetzung der Rohstoffe, Optimierung der Kammerausformungen oder auch die Verfüllung der Kammern. Seit Beginn der verstärkten energetischen Betrachtung von Außenwänden stehen auch die Lager- und Stoßfugen in der Diskussion. Letztendlich waren sie auch nicht zu übersehen, zeichneten sie doch auf jedem Wärmebild gestochen scharfe Linien. Die Lagerfugen wurden dünner, die Stoßfugen verschwanden gänzlich – zu Gunsten verzahnter Stirnseiten. 

 

Mit der Ausdünnung der Fugen waren zwei neue Anforderungen zu lösen: Die verminderte Zug- und Druckfestigkeit verlangten eine „Armierung“ der Klebefuge, die immer größer werdenden Querschnitte waren zunehmend schwerer zu deckeln. Deckelnder Dünnbettmörtel sowie der Mörtelschlitten sind die bisher gültigen Antworten, und: Der qualifizierte Handwerker ist wichtiger denn je. In Knittlingen gingen Architekt und Bauherr einen innovativeren Weg und entschieden sich zusammen mit der im Ort ansässigen, für den Rohbau zuständigen Firma Dürrwächter & Friedrich für das von Franken Maxit (Azendorf, Oberfranken) entwickelte „Mörtelpad“. Der qualifizierte Handwerker ist geblieben, die Maurerkelle wurde dagegen nur noch selten benutzt.

Der Wasserschlauch auf Wanderschaft

Die Grundidee des „Mörtelpad“ ist so simpel, dass man sich eigentlich wundert, dass diese Entwicklung nicht schon früher angestoßen wurde. Bei Franken Maxit nahm man sich der Thematik an und entwickelte ein „Mörtelpad“, das trocken auf das angefeuchtete Mauerwerk aufgelegt wird und anschließend nur noch gewässert werden muss. Die Lösung aller technischen Probleme einschließlich der Einholung der erforderlichen bauaufsichtlichen Zulassungen erstreckte sich jedoch über mehrere Jahre. Am Ende der Entwicklung stehen Pads, die sich aus einem Leichtdünnbettmörtel und einem wasserlöslichen Schmelzkleber zusammensetzen. Zusätzliche Stabilität gibt ein integriertes Glasfasergewebe.

 

Dieses neuartige „Mörtelpad“ von Maxit bringt das bisher etablierte Verfahren mit deckelndem Dünnbettmörtel entscheidend weiter. Nach Auftrag des Wassers bindet der Schmelzkleber hydraulisch ab und bildet eine ein bis drei Millimeter dünne, vollflächige Mörtelfuge. Dieser Abbindevorgang erfolgt analog zu herkömmlichen mineralischen Mauermörteln, sodass am Ende vergleichbare bautechnische Werte erzielt werden. Das Anmischen des Mörtels, dessen Transport über die Baustelle etc. entfallen – lediglich der Wasserschlauch wandert von Stein zu Stein. „Dieses System ist eine rundum saubere Sache“, erklärt Wilfrid Friedrich, Geschäftsführer von Dürrwächter & Friedrich. 

 

Das Mischungsverhältnis aller Bestandteile ist ab Werk exakt dosiert und zu viel Wässerung nicht möglich. Letzteres stellt Maxit sicher, indem die Oberfläche der Pads so strukturiert ist, dass nur die benötigte Wassermenge darin stehen bleiben kann. Überschüssiges Wasser läuft seitlich über. „Im Prinzip sind meine Maurer für diese Technik fast überqualifiziert“, so Wilfrid Friedrich weiter. „Ich kann mich nahezu blind darauf verlassen, dass die ‚Mörtelmischung‘ stimmt und alle Fugen ganzheitlich gedeckelt sind.“ Ein Blick auf das saubere, gleichmäßige Fugenbild des fertigen Mauerwerkes in Knittlingen bestätigt diese Aussage.

 

Hinsichtlich der Festigkeits- und Verbundeigenschaften liegen Mörtelpads somit gleichauf mit einem Dünnbettmörtel der Klasse M10. Dem Bauherrn war zudem wichtig, dass das Mörtelpad ein rein mineralisches Produkt ist, das seinen Ursprung in natürlichen Rohstoffen hat. Die Erstellung einer rein mineralischen Außenwand (Mörtel, Stein, Putz) ist auf diese Weise ohne Weiteres möglich. In Knittlingen sieht man derzeit das, was man nicht sieht: Eine Baustelle ohne Maurerkelle, Mörtelschlitten und Mischmaschine –  Hilfsmittel, die früher das Bild einer Baustelle prägten.

Standards für Energieeffizienz – Revolution im Mauerwerk

Angesichts der bautechnisch revolutionären Verlegetechnik der Mauerziegel muten all die anderen Features des Bauvorhabens ein wenig an wie Standards. Natürlich ist eine Photovoltaikanlage geplant – dreiseitig ausgerichtet auf den Walmdächern der Penthäuser. Auch eine Luft-Wasser-Wärmepumpe wird für hohe Energieeffizienz sorgen. Mit einem errechneten Jahresheizwärmebedarf von 26.764 kWh sowie jährlichen Endenergiebedarf von 13.252 kWh können die beiden Gebäudekuben auch durchaus mit nennenswerten energetischen Leistungsdaten aufwarten. Die Verlegung des Mauerwerkes mit vorgefertigten Pads ist jedoch eine stille, später nicht mehr sichtbare Revolution im Mauerwerksbau. Sie wird vermutlich in einigen Jahren ebenso Standard sein, wie heute eine Photovoltaikanlage bei der Gebäudetechnik.

 

Autor: Dipl.-Ing. Peter Gahr